
Illustration erstellt mit Canva (KI)
Purpose, Vision und Strategie
PURPOSE ALS SCHLÜSSEL FÜR ERFOLGREICHES PROJEKTMANAGEMENT
08. Juli 2025
Veränderungen und somit Change-Prozesse sind aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Unternehmen und auch Menschen leben in einem Umfeld, in dem sich zum Beispiel Marktbedingungen, Technik und Strukturen stetig ändern.
Bei Change-Prozessen handelt es sich nicht nur um große Transformationen, sondern auch um alltägliche Projekte. Denn das Ziel von Projekten ist die bewusste Veränderung eines aktuellen Zustands und das Erreichen eines neuen Zielzustandes.
In Change-Prozessen geben uns Purpose, Vision, Strategie, Ziele und Taktiken die notwendige Klarheit für unsere Entscheidungen und unser Handeln. Sie helfen uns auch über einen sehr langen Zeitraum stets den Überblick zu behalten. Und sie helfen uns, frühzeitig zu erkennen, wenn wir unbeabsichtigt unser eigentliches Ziel aus den Augen verlieren.
Da diese Begriffe aber nicht allen bekannt sind, möchten wir anschaulich erklären und aufzeigen, in welchem Kontext sie zueinander stehen.

Illustration erstellt mit Canva (KI) und Miro
Purpose und Vision sind grundlegende Konzepte in Change-Prozessen und erfüllen unterschiedliche, aber komplementäre Rollen. Sie sind eng miteinander verbunden, unterscheiden sich aber sowohl in ihrer Funktion als auch in ihrer Ausrichtung.
Purpose – der Sinn des Wandels
Wenn man den englischsprachigen Begriff „Purpose“ in die deutsche Sprache übersetzen lässt, dann lautet die Übersetzung häufig „Zweck“. Wenn wir im Zusammenhang mit Wandel vom Purpose reden, dann geht die Bedeutung über die des reinen Zwecks hinaus. Das ist auch der Hauptgrund, warum in der Regel der englischsprachige und nicht der deutschsprachige Ausdruck verwendet wird.
Der Purpose klärt die Frage nach dem „Warum?“. Er erklärt die Motivation und den tieferliegenden Sinn. Er ist meist von emotionaler Natur und fokussiert sich auf die Werte und Überzeugungen, die das Unternehmen antreiben. So schafft er eine tiefere Verbindung zu den Mitarbeitenden und gibt dem Wandel eine differenzierte Bedeutung. Ziel ist es, dass alle an der Veränderung beteiligten Personen verstehen, warum der angestrebte Wandel notwendig ist. Durch dieses gemeinsame Verständnis wird die Akzeptanz für die mit dem Wandel verbundenen Auswirkungen steigen und Bedenken sowie Widerstände werden abnehmen.
Insbesondere in größeren Change-Prozessen steht die Klärung des Purpose ganz am Anfang des Wandels, damit er nachfolgend als eine Art innerer Kompass dienen kann, um uns selbst bei größter Unsicherheit hilft, gute und zielführende Entscheidungen zu treffen.
Der Purpose ist dauerhaft und überdauert einzelne Change-Prozesse oder strategische Zielsetzungen. Der Purpose bleibt stabil und verändert sich nur selten, auch wenn sich die Vision oder die Umstände des Unternehmens anpassen. Er ist so etwas wie der ständige Antrieb des Unternehmens, die treibende Kraft des Wandels. Und gibt den Mitarbeitenden Sinn und Zufriedenheit, unabhängig von den kurzfristigen Zielen oder Erfolgen.
Vision – das Ziel des Wandels
Während der Purpose eher abstrakter Natur ist, handelt es sich bei der Vision um ein konkretes, inspirierendes Zukunftsbild dessen, was erreicht werden soll. Die Vision lässt sich aus dem Purpose ableiten und gibt den Veränderungsprozessen eine klare Richtung und ein langfristiges Ziel, auf das hingearbeitet wird.
Die Vision hilft dabei, die Strategie des Change-Prozesses zu entwickeln und alle Beteiligten auf ein konkretes Ziel auszurichten. Sie ist ein Orientierungsrahmen, der die Handlungen lenkt und messbare Fortschritte ermöglicht. Zusammen mit dem Purpose ist eine klare und inspirierende Vision entscheidend, um Veränderungen nachhaltig zu gestalten.
Purpose und Vision bilden zusammen den Kleber für einen Change-Prozess. Beide sind entscheidend für den Erfolg der Veränderung: Die Vision sorgt für eine klare Richtung, während der Purpose den nötigen emotionalen Rückhalt und die Motivation liefert, um den Wandel zu tragen. Zusammen geben sie den Mitarbeitenden sowohl die Orientierung als auch die Inspiration, die für eine erfolgreiche Transformation notwendig sind.
Strategie – der Weg zur Vision
Der Purpose beantwortet die Frage nach dem „Warum?“, die Vision beantwortet die Frage nach dem „Was?“ und die Strategie beantwortet letztlich die Frage nach dem „Wie?“. Bildlich gesprochen ist die Vision das Ziel auf der Landkarte und die Strategie der Weg dorthin. Sie umfasst konkrete Maßnahmen, Prioritäten, Ressourcenverteilungen und Zeitpläne.
Die Vision gibt der Strategie eine Richtung – ohne Vision läuft die Strategie Gefahr, ziellos oder widersprüchlich zu sein. Und die Strategie wiederum macht die Vision greifbar und umsetzbar – ohne eine Strategie bleibt eine Vision ein bloßes Wunschbild.
Ziele – die Meilensteine
Bei Zielen handelt es sich um die sinnvollsten nächsten Zwischenetappen, die wir auf dem zu unserer Vision erreichen wollen. Ziele sind sehr konkret und in einem überschaubaren Zeitraum von wenigen Wochen und Monaten erreichbar.
Ziele sind spezifische, messbare Ergebnisse, die aus der Strategie abgeleitet werden. Sie machen die Strategie konkret und überprüfbar. Sie helfen, Fortschritt zu steuern und Erfolge sichtbar zu machen. Gute Ziele sind oft SMART formuliert: spezifisch, messbar, attraktiv/akzeptiert, realistisch, terminiert.
Taktik – der Weg zum Ziel
Taktiken sind Strategien im Kleinen. Während die Strategie eher langfristig und rahmengebend ist, sind Taktiken kurzfristiger und flexibel anpassbar. Sie widmen sich der Frage, wie wir am sinnvollsten das nächste Ziel erreichen können. Taktiken sind konkrete Maßnahmen oder Aktionen zur Erreichung der Ziele. Sie sind die kleinteilige operative Umsetzung – direkt und praktisch.

Illustration erstellt mit Canva (KI) und Miro
Zusammenfassung
- Purpose: Warum gibt es den Change? (Sinn, Motivation)
- Vision: Wo wollen wir langfristig hin? (Zukunftsbild)
- Strategie: Wie erreichen wir die Vision? (Rahmen, Ausrichtung)
- Ziele: Was genau wollen wir erreichen? (konkrete Soll-Zustände)
- Taktiken: Was tun wir im Alltag, um die Ziele zu erreichen? (Maßnahmen, Aktionen)
Beispiel aus dem Bereich Coaching: Kulturwandel hin zu mehr Eigenverantwortung
Purpose, Vision und Strategie werden bei diesem Beispiel für jedes Unternehmen selbstverständlich unterschiedlich aussehen. Denkbar ist aber das folgende Szenario:
Purpose: „Wir wollen eine Arbeitskultur fördern, in der Mitarbeitende mehr Verantwortung übernehmen können, um schneller, kreativer und motivierter auf Veränderungen reagieren zu können.“
Vision: „Wir leben eine offene, vertrauensvolle Unternehmenskultur, in der wir alle Verantwortung übernehmen, mutig Entscheidungen treffen und gemeinsam mitgestalten.“
Strategie: „Wir etablieren Rahmenbedingungen und Kompetenzen, die Eigenverantwortung und Entscheidungsfreude auf allen Ebenen ermöglichen und stärken.“
Ziel #1: „In den kommenden drei Monaten werden allen beteiligten Personen die notwendigen Kompetenzen und Werkzeuge für eigenverantwortliches Arbeiten (in der Theorie) vermittelt. Darüber hinaus gibt es einen offenen, konstruktiven Austausch über den Purpose und die Vision des Wandels.“
Da der gewünschte Kulturwandel äußert komplex ist, verzichten wir in der Vision bewusst auf die Angabe eines zeitlichen Horizonts und arbeiten dafür bei den Zielen stärker mit Zeiträumen.
Um ein möglichst einheitliches Fundament für den geplanten Kulturwandel zu schaffen, vermitteln wir die notwendigen, theoretischen Grundlagen. Darüber hinaus wollen wir signalisieren, dass wir die Sorgen und Ängste der beteiligten Personen ernst nehmen.
Taktik:
- Für Transparenz bzgl. des anstehenden Wandels sorgen. (Kick off, regelmäßige „Sprechstunden“, „Ask me anything“-Formate etc.)
- Führungskräfteentwicklung: Trainings und Coachings zur Führung in einer Kultur der Selbstverantwortung
- Workshops und Trainings zu Selbstorganisation, agiler Arbeitsweise, Entscheidungsfindung und Fehlerkultur
- Einführung von Reflexionsformaten wie Retrospektiven oder „Lessons Learned“-Sessions für alle Teams
- Aufbau eines internen Netzwerks von Change Agents
Nachdem die theoretischen Grundlagen geschaffen wurden, möchten wir als nächstes das theoretische Wissen im täglichen Arbeitsleben anwenden. Dadurch sollen auch sichtbares Vertrauen und Entscheidungsfreiräume geschaffen werden.
Ziel #2: „Einführung von selbstverantwortlichem Handeln in der Praxis.“
Taktik:
- Die Change Agents begleiten die Teams aktiv und bestärken sie, eigenverantwortlich zu handeln
- Einführung von Prinzipien für Entscheidungsfreiräume
- Regelmäßiger Austausch der Teams untereinander
- „Mutprojekte“: Kleine Pilotprojekte, bei denen Teams bewusst eigenverantwortlich arbeiten und ihre Erfahrungen teilen.
- Kommunikation von Erfolgsgeschichten, in denen mutige Entscheidungen und Übernahme von Verantwortung sichtbar gemacht werden.
Da jedes Team bekanntlich anders ist und unterschiedliche Fortschritte machen wird, werden die Teams vermutlich auch unterschiedlich lange benötigen, um dieses Ziel erreicht zu haben. Zudem handelt es sich bei diesem Ziel um kein smartes Ziel. Hier bietet es sich z.B. an, die OKR-Methode („Objectives and key results“) anzuwenden, um messen zu können, wenn ein Team dieses Ziel erreicht hat.
Das nachfolgende Ziel könnte nun „Etablierung von selbstverantwortlichem Handeln in der Praxis“ lauten und die Taktik könnte darin bestehen, dass sich die Change Agents in den jeweiligen Teams immer stärker zurückziehen.